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Examinierter Senfautomat
"Eine Jury soll also das objektivere Instrument sein? Das ist es keinesfalls, Balthasar. Eine Jury besteht zumeist aus aus fachfremden Menschen, die die Gesetze nur oberflächlich kennen und sich lieber durch Charisma oder den besser geöffneten Geldbeutel eines Beteiligten beeinflussen lassen. Das nennt ihr objektiv? Das ist es ebenso nicht. Treffen wir auf einer solchen Grundlage Entscheidungen, können wir sehr schnell Unschuldige an den Galgen bringen oder wahre Mörder freilassen, nur weil sie der Jury sympathisch wirken. In einem solchen Falle würde kein Recht gesprochen, sondern wahrhaft Unrecht. Eine bessere Lösung scheint mir hier die Aufteilung in Richter, Staatsanwalt und Strafverteidiger zu sein, die in einem öffentlichen Prozess zu einer Lösung kommen. Und in dieser Beziehung wurde mir vom Rat das Vetrauen ausgesprochen.
Objektivität ist übrigens ein mehr als schwammiger Begriff. Meines Erachtens nach gibt es nur einen verschwindend kleinen Anteil an Objektivität in dieser Welt. Man kann beispielsweise sagen, dass eine Schlacht in einem bestimmten Jahr war, alles was darüber hinaus geht fällt allerdings schon in die subjektive Wahrnehmung der Welt. Selbst eure Jury würde jeder für sich subjektiv handeln und nicht objektiv.
Zu eurem zweiten Punkt: Sosehr ihr euch mit der Religionsgeschichte beschäftigt habt, so wenig scheint ihr doch über meinen Orden zu wissen. Mein Orden hat sich der Gerechtigkeit und der Rechtssprechung verschrieben. Wir kämpfen nicht gegen den normalen Bürger, sondern lediglich gegen diejenigen, die die Gesetze übertreten und der Gesellschaft durch ihre Taten schaden. Ich würde niemals einen Bürger nur wegen eines anderen Glaubens vor das Gericht stellen, da, wie ihr selbst festgestellt habt, ein Religionsfrieden zwischen den verschiedenen Glaubensgruppen herrscht. erOtr, der dort hinten steht, wird euch das bestätigen können.
Das einzige, was ich bekämpfe sind das Chaos und das Böse in dieser Welt. Wer gegen die Regeln der Gemeinschaft verstößt, soll meine harte Hand kennenlernen."
Erneut blickte er in die Runde und sah die entsetzten Gesichter. Vermutlich klang er härter als er es beabsichtigt hatte.
"Ihr werft mir zudem vor, dass ich ein Richter von Gottesgnaden wäre. Beachtet dabei, dass ich allerdings selbst als Richter von den Räten eingesetzt wurde und damit die Legitimation durch die Bürger habe. Indem ihr mir vorwerft selbstherrlich zu agieren und meine eigenen Werte über eure zu stellen, übt ihr auch Kritik an der Struktur der Stadt selber, die mir meine Legitimation gegeben hat. Ich habe mir die Macht also nicht genommen, wie ihr mir so schön unterstellt, sondern wurde eingesetzt.
Bedenkt zudem als Gelehrter: Wollt ihr wirklich einen Bauern Recht sprechen lassen, der die Gesetze nicht kennt, noch weiß wie sie auszulegen sind? Ihr selbst wisst, wie kompliziert diese Texte sind und wie lange man braucht, um sie auch nur halbwegs zu studieren.
Ich selbst habe Jahre des intensivsten Studiums gebraucht, um sie zu verstehen, und wenn ich euch ansehe, weiß ich, dass es bei euch ein ebenso mühevoller Weg war. Bedenkt dies, bevor ihr mir irgendwelche Vorwürfe macht und handelt nicht vorschnell, auf Grund eures eigenen Glaubens."
Plötzlich spuckte die Frau, die als Carmen bekannt war, vor ihm aus und warf ihm wilde Worte von "Beherrschen" an den Kopf. Eines musste man dieser Frau lassen, sie hatte definitiv Temeperament.
"Was heißt denn hier "beherrschen"? Ich selbst bin nur ein Instrument der Macht, das eingesetzt wurde. Auch ich stehe nicht über dem Recht.
Aus eurer Reaktion kann ich allerdings entnehmen, dass dies wohl nicht euer erstes Zusammentreffen mit dem Recht ist, oder? Was hat euren Glauben an das Recht denn so tief erschüttert, dass ihr ihm nicht mehr vertraut?
Ich weiß, dass es auch schwarze Schafe unter den Richtern gibt, was sicherlich auch daran liegt, dass unser Orden sich für zu lange Zeit zurückgezogen hat. Aber was bringt euch so in Rage, dass ihr vor mir ausspuckt? Ich habe euch nichts getan. Ich kenne euch ja gerade mal vom Sehen her. Sagt mir, was bedrückt euch, und wer ist dafür verantwortlich. Schweigt ihr, kann ich euch nicht helfen, dieses schwarze Schaf zu finden."
Nachdenklich blickte er ihr nach. Tiefer Kummer schien in ihrer Seele zu wohnen, aber was war der Grund dafür?
"Und bevor wir uns hier jetzt gegenseitig zerfleischen, sollten wir uns lieber darum kümmern, dass die Expedition ein Erfolg wird. Dass wir unterschiedlicher Meinungen über die Gestaltung der Welt sind, dürfte ja mittlerweile klar sein. Das sollte allerdings nichts daran ändern, dass unsere Expediton oberste Priorität hat."
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